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ESC Kandidat für Deutschland steht fest.

Seit Gestern Abend ist es nun raus und die Geheimniskrämerei hat ein Ende.

Der musikalische Vertreter für Deutschland im Mai 2020 in Rotterdam

ist der Slowene Ben Dolić mit dem Song Violent Thing.

Geschrieben und produziert wurde der Song von Borislav Milanov,

der schon mehrmals beim ESC mit guten Plazierungen vertreten war.

 

Anders, als bisher, wurden in Deutschland dieses mal die Zuschauer außen vor gelassen.

Begründet wurde das vom NDR Programmleiter Thomas Schreiber durch die schlechte Platzierung des 

Duos "Sisters" in Tel Aviv im letzten Jahr. Auf einer Tafel in einem Mengenlehre-Diagramm zeigte Thomas Schreiber

in der Sendung auf, dass im Vorentscheid ein ganz anderes Publikum abgestimmt hat, als im Finale. Deswegen

haben sie diese Entscheidung getroffen, die Zuschauer nicht im Vorentscheid voten zu lassen.

 

Habe ich da was falsch verstanden? Im Finale darf das eigene Land doch nie für seine Teilnehmer voten.

 

Deshalb wurde in einem aufwändigen Juryverfahren, das aus 20 Musikprofis und 100 "Experten" besteht, abgestimmt.

Die Jurymitglieder wurden schon letztes Jahr ermittelt. 100 von denjenigen, die mit ihren Einschätzungen der Platzierungen 

in Tel Aviv nahe dran lagen, durften jetzt im Namen der Zuschauer im streng geheimen Verfahren voten. 

Man ginge davon aus, dass diese Leute dann Ahnung haben, sagte Thomas Schreiber. Aus hunderten von Songs und Künstlern wurde ausgesiebt. Es gab Künstler ohne Songs und Songs ohne Künstler. Beide wurde dann passend zueinander "verheiratet",

sagte ARD und ESC Teamchef Christian Blenker. Songwritercamps in England und Malmö wurden durchgeführt etc.

Sky Dumont veranschaulicht in einem netten Teaser, als "Prof. Satellite" im Chemielabor das Verfahren der Auswahl von

Musiker und Jury und verspricht den besten ESC Song aller Zeiten.

Die 45 minütige, von Barbara Schöneberger moderierte, Sendung wurde im Hamburger Clubkino, dem kleinsten der Drei Kinos der Astor Filmlounge, aufgezeichnet. Die 73 vorhandenen Plätze waren mit Journalisten und ESC involvierten übersichtlich besetzt. Michael Schulte machte die erste musikalische Einleitung mit seinem Song "Keep me up" begleitet vom Piano. Nach Vorstellung vom offiziellen Video "Violent Thing" gab Ben Dolić den Song live, begleitet nur von einer Gitarre, zum besten.

Also insgesamt eher kleines Kino, nach dem Motto "weniger ist mehr". Das hatte für die Journalisten und Eingeweihten auch gereicht, denn normales Publikum war sowieso keines in den Reihen. Sehen konnte man die Sendung auf ARD One.

Der Kandidat ist ein Slowene, der in der Schweiz lebt und dem man noch schnell vor zwei Monaten einen deutschen Wohnsitz besorgt hat. Er singt einen von einem bulgarischen Komponisten, der in Österreich wohnt, komponierten Song.

Es ist das Ergebnis von internationaler Suche. Das Zuschauervoting lässt man weg und gibt es internationalen "Experten" in die Hand, da die Zuschauer letztes Jahr schließlich voll daneben lagen...

Zunächst stellt sich mir die Frage, ob man so weit ausholen und ein riesen Aufwand betreiben muss.

Das ist Eulen nach Athen tragen. Man hätte zunächst Zuhause in den eigenen Reihen nach Künstlern, Komponisten und Produzenten suchen können, denn die gibt es in Deutschland ausreichend. 

 

Viele GEZ Gebühren zahlende Mitfinanzierer des ESC, sowie viele deutsche Künstler fühlen sich da berechtigt ausgegrenzt.

Eines ist jedenfalls klar, Ben kann sehr gut singen, trifft jeden Ton. Borislav Milanov beherrscht sein Handwerk ebenfalls,

das ist keine Frage. Aber sollten in einem Ländercontest nicht Künstler am Start sein, die etwas mehr Erdung und Bezug zu dem Land haben, das sie vertreten, als einen angemeldeten (Pseudo)Wohnsitz von zwei Monaten?  

 

Ist die Musik sowie der Text ein ESC Song? Hat sich der riesen Aufwand für das Ergebnis gelohnt?

Man erkennnt schon, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind, wenn man die Kommentare zur Sendung auf den Social Media Plattformen liest. Die Frage wird uns jedenfalls im Mai beantwortet..

Ich wünsche Ben, der aus meiner zweiten Heimat kommt, jedenfalls viel Erfolg! 

 

Immer wieder wird auch diskutiert und gemunkelt, ob der ESC politisch beeinflusst ist. Das wird gerne beneint und mag für den Wettbewerb selbst und in der ESC Welt stimmen, da haben sich alle lieb. Aber aus welchen Beweggründen die Menschen

hinter dem TV voten oder nicht voten, kann man in keiner Statistik sehen. 

 

Als Jugoslawien durch den schrecklichen Krieg gespalten war und die Nachfolgestaaten dann antraten, war bei der Punktevergabe unter den Ländern eine eindeutige Message zu spüren und die war "Wir Künstler halten zusammen, wir wollen keinen Krieg!". 

Eine tolle Message, aber dennoch nicht objektiv und unpolitisch. Auch bei den ehemaligen Sowietrepubliken fällt die Vergabe der Punkte untereinander ebenfalls immer wieder auf. 

 

Der ESC ist jedenfalls immer für Überraschungen gut und nicht so berechenbar, wie es einige gerne hätten, was die Ergebnisse anbelangt und das ist ja auch gut so.

Hätte man in einem Auswahlverfahren, wie es der NDR durchgeführt hat, die 8 Titel von den Plätzen 19 bis 26 von 2019 genommen,

also von San Marino: Serhat mit "Say na na na" (Platz 19) bis UK: Michael Rice mit "Bigger than us" (Letzter mit Platz 26) und diese

dem Expertenkreis zum hören gegeben hätte, wäre die Entscheidung, da bin ich mir ziemlich sicher, mit Abstand nicht positiv für Serhat ausgefallen.

 

Also, wie Rudi Carrell immer sagte, "Lass Dich überraschen ;-).

Text: Carel Ocvirk,

Bild Titelseite ESC Logo: NDR/EBU

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